Ist der Schutzdienst in der heutigen Form noch zeitgemäß ?
Diese
Frage mussten wir uns wohl in den vergangenen Jahren immer wieder einmal
stellen. Aufgrund
der allgemeinen Sensibilisierung
der Öffentlichkeit durch die "Kampfhundeproblematik", und
auch durch "ganz normale" Unfälle mit Hunden, die es
eigentlich schon immer gab, die aber durch eine veränderte
Medienstruktur häufig viel mehr ins Bewußtsein der Bevölkerung
dringen, wird dadurch auch unsere traditionelle Ausbildungsarbeit sehr
viel öfter und auch detaillierter hinterfragt. Immer
wieder wird dabei unsere Schutzdienstausbildung sehr kritisch gesehen
und häufig als "Scharfmachen" bezeichnet. Gelegentlich
werden diese Ansichten dann noch durch Stellungnahmen von
selbsternannten Experten untermauert oder durch Kommentare von
anerkannten Verhaltensforschern, die
teilweise dann leider auch noch aus dem Zusammenhang gerissen
sind, ergänzt. Wobei
wir natürlich auch unter den Gelehrten etliche Vertreter haben, die
insbesondere diesen Teil unserer Arbeit mit dem Hund nicht unkritisch
gegenüberstehen. Als
Argumente für den Schutzdienst möchte ich zum Einen nennen, daß er
nach wie vor ein sehr wichtiges und brauchbares Selektionskriterium
für die Zucht eines Gebrauchshundes darstellt, für das es für
mich auch keine echten Alternativen gibt. Bei
keiner anderen Arbeit können wir wichtige Qualitätsmerkmale wie Nervenverfassung,
Belastbarkeit, Triebverhalten, Selbstsicherheit, Aggressionsverhalten,
Athletik und auch Führigkeit, dermassen genau überprüfen. Vorausgesetzt
man setzt hierbei auch entsprechende Belastungen durch die Helferarbeit,
haben wir hiermit ein sehr brauchbares Instrument um zum
"Kern" bei der Beurteilung eines Hundes vorzudringen. Desweiteren
bietet es unserem hochveranlagten Gebrauchshund ein hervorragendes
Ventil seine angestauten Triebe
und Aggressionen in kontrollierter Form auszuleben. Und
diese Emotionen sind bei jedem Lebewesen, wenn auch in unterschiedlicher
Ausprägungsform, da und müssen auf irgendwelche Art und Weise
verarbeitet werden. Wo
dies nicht geschieht führt dies im Regelfall zu Problemen. Individuen
denen die Möglichkeit genommen ist dies bedürfnisgerecht auszuleben,
werden häufig zur Gefahr für ihre Umwelt und sich selbst. Außerdem
ist der Schutzdienst die spektakulärste Abteilung unseres Sports. Er
zieht das größte
Publikumsinteresse bei Prüfungen auf sich und ist im Allgemeinen
wohl auch die Sparte die Hund und Hundeführer am meisten Spass macht. Unsere
Hunde werden hierbei wohl am intensivsten in ihren Triebverhalten
angesprochen. Etwas
verfolgen, packen, festhalten und beherrschen ist eine höchst lustbetonte Erfahrung. Vor
allen Dingen lernen unsere Hunde durch die Schutzdienstausbildung aber
auch, daß sie nicht nur in neutralen Situationen, sondern auch im Zustand
höchster Erregung noch absolut gehorsam sind. Dies
gilt es sicherlich in der Präsentation
unseres Sports in den Medien immer sehr gezielt herauszustellen. Außerdem
sind nach meiner persönlichen Erfahrung und Überzeugung unsere
sportlich geführten Hunde unproblematisch und unauffällig im Kontakt
mit der Öffentlichkeit. Unglücksfälle
die leider immer wieder passieren, geschehen im Regelfall mit nicht
ausgebildeten Hunden die nie einen Hundeplatz gesehen, zumindest aber
keine ordentliche Ausbildung abgeschlossen haben. Mit
der Schutzdienstarbeit kanalisieren wir vielmehr die Triebe des Hundes
in eine unbedenkliche Richtung und machen ihn jederzeit kontrollierbar. Man
kann auch immer wieder beobachten, daß selbst bei beispielsweise einem
Stürzen des Helfers, es nicht zu einer ernsthaften Gefährdung
desselbigen kommt. Wir
betreiben ein sehr interessantes Hobby, daß gesellschaftlich wertvolle
Komponenten wie Tierschutz,
Schutz des Menschen (durch qualifizierte Ausbildung der Hunde) und Bewahrung
wertvollen Kulturerbes beinhaltet. Ich
sehe unsere Schutzdienstausbildung mit Sicherheit nicht bedenklicher als
Sportschützen oder irgendwelche Kampfsportarten. Somit
kann ich die anfangs gestellte Frage mit einem klaren Ja beantworten. Die
Kunst besteht aber sicherlich darin, dies der breiten Öffentlichkeit
entsprechend darzustellen. Wir
müssen der Allgemeinheit verständlich machen, daß wir durch unsere
Art des Hundesports einen wertvollen
Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Wir
trainieren, prüfen und
selektieren einen zuverlässigen,
stets unter Kontrolle stehenden und vielseitig einsetzbaren
Gebrauchshund, der durch seine mannigfaltigen Verwendungsmöglichkeiten,
weder im privaten Bereich, noch bei Behörden, wegzudenken ist. Wir
leisten aktiven Tierschutz,
da wir durch gezielte Ausbildung
unseren Vierbeinern ein Maximum an Bewegungsfreiheit bieten können
und ihnen durch die Arbeit, insbesondere im Schutzdienst, eine
hervorragende Möglichkeit bieten ihre angestauten Triebe und
Aggressionen auszuleben. Unsere
Ausbildungsarbeit geht in keiner Weise konträr zu gesetzlichen
Bestimmungen oder ethischen und moralischen Grundsätzen. Wir
sehen auf unseren Übungsplätzen im Regelfall Hunde, die offensichtlich
mit grosser Freude bei der Arbeit sind. Unsere
Hunde werden durch gezielte Nutzung ihres angeborenen
Triebpotenzials nach aktuellen
tierpsychologischen Grundsätzen ausgebildet. Die
Schutzdienstausbildung macht unseren Hund nicht zu einer Gefahr für die
Umwelt sondern absolut im Gegenteil. Sie
macht ihn ausgeglichen, zufrieden und stets kontrollierbar. Somit ist unser Schutzdienst kein Anachronismus, sondern eine sinnvolle und für Mensch und Tier positive Freizeitbeschäftigung. Gerd
Beck (Referat anläßlich Zulassung zum LR-Anwärter bei LG-Vorstandschaft im Februar 2004)
|